Mikrofon für Interview

So schreibst du ein gutes Interview

Ein gutes Interview ist mehr als: Frage, Antwort, Frage, Antwort. Es ist ein kleines Theaterstück. Jeden Tag laufen im deutschen Radio und Fernsehen Hunderte von Interviews. Die meisten davon jedoch sterbenslangweilig. Aber wenn Interviewpartner:innen aus der Rolle fallen, wird es plötzlich spannend. Dann sind Interviews lebendig, konfrontativ, legendär.

Unter den journalistischen Textformen ist das Interview noch immer das Stiefkind, so Timo Frasch.

Während für Reportagen oder investigative Recherchen haufenweise Preise ausgeschrieben werden, muss man im Fall des Interviews danach suchen. Es gibt auch nur wenige Journalisten, die sich als ausgezeichnete Interviewer einen Namen gemacht haben. Viele Leser glauben, der Beitrag des Journalisten sei bei einem Interview geringer als bei irgendeiner anderen Textform. Das ist ein Irrglaube.

Timo Frasch, FAZ-Korrespondent

Was macht aber ein gutes Interview aus? Ich habe bis jetzt mehrere geführt und geschrieben: für interne oder externe Kommunikationstools, für Online- oder Printmedien. Dennoch: Vor Kurzem habe ich gepatzt. Dann habe ich mich gefragt, warum? Nun habe ich mich entschieden, das Interview als journalistische Textform für mich, aber vielleicht auch für dich, etwas näher zu beleuchten. Dafür habe ich ChatGPT prompt gefragt:

Was ist ein gutes Interview?
Welche Arten gibt es?
Mit welchen Tipps gelingt ein Interview?

Die AI-Antworten sind schon sehr strukturiert und informativ. Aber doch irgendwie unpersönlich. Ein Grund mehr, auf zwei alte Methoden zurückzugreifen: Ich stecke meine Nase in die gedruckten Bücher und recherchiere online über das Thema. Was dabei herauskommt, stelle ich dir in dem Beitrag hier vor.

Was ist ein gutes Interview?

Es zeichnet sich durch verschiedene Merkmale aus. Darunter gehören zum Beispiel:

  • Vorbereitung: sich im Vorfeld über das Thema und die Interviewpartner:in informieren, um gezielt fragen zu können.
  • Struktur: Eine klare Struktur ist wie ein roter Faden für die Zuhörer:innen.
  • Offene Fragen: Offene Fragen stellen. Sie sollten nicht zu suggestiv oder zu persönlich sein.
  • Aktives Zuhören: aufmerksam zuhören und auf die Antworten der Interviewpartner:innen eingehen.
  • Flexibilität: Ein gutes Interview passt sich den Antworten an und lässt Raum für spontane Fragen oder Diskussionen.
  • Respektvolle Atmosphäre: Die Interviewer:innen sollen respektvoll sein und den Interviewpartner:innen genügend Zeit geben, um ihre Gedanken zu formulieren.
  • Interessante Inhalte: Ein gutes Interview sollte interessante und relevante Themen behandeln, die für die Zuhörer:innen spannend sind.
  • Ausgewogenheit: Die Interviewer:innen sollen darauf achten, dass beide Seiten zu Wort kommen und unterschiedliche Perspektiven beleuchten.
  • Nachbereitung: Nach dem Interview das Gespräch reflektieren und gegebenenfalls weitere Informationen oder Ergänzungen recherchieren.
  • Authentizität: Ein gutes Interview zeichnet sich durch eine authentische und ehrliche Kommunikation aus.

Es gibt verschiedene Interview-Arten

In La Roches Einführung in den praktischen Journalismus heißt es über die Interview-Arten. Es gibt drei davon:

  1. Das Interview zur Sache. Das Ziel dabei ist immer Information: über das Ziel der anstehenden politischen Reise, über die Entwicklung der Wirtschaftslage, über neue Erfindungen usw.
  2. Das Meinungsinterview will herausfinden, wie die Interviewpartner:innen eine bestimmte Situation einschätzen oder eine Herausforderung lösen. Zum Beispiel: Wie möchte Lisa Paus die Kindergrundsicherung laut Koalitionsvertrags vorantreiben und umsetzen?
  3. Das Interview zur Person stellt Menschen vor und skizziert sie durch ihre Antworten.

Weg vom klassischen journalistischen Interview ist das Bild bunter. Denn darunter zählen verschiedene Arten, zum Beispiel:

  1. Strukturierte Interviews mit vorab festgelegte Fragen.
  2. Unstrukturierte Interviews: keine vorab festgelegten Fragen.
  3. Gruppeninterviews: Bei dieser Art von Interview werden mehrere Personen gleichzeitig interviewt.
  4. Informelle Interviews
  5. Telefon-Interviews
  6. Audio-Interviews

Tipps für ein gutes Gespräch

  • Vorbereitung: Informiere dich im Voraus über das Thema und die Person, die du interviewen möchtest. Notiere dir Fragen, die du stellen möchtest, und überlege dir eine Struktur für das Interview.
  • Einführung: Beginne das Interview mit einer kurzen Einleitung, in der du den Interviewpartner vorstellst und das Thema des Interviews erläuterst.
  • Fragen stellen: Stelle offene Fragen, die Raum für ausführliche Antworten lassen. Vermeide geschlossene Fragen, die nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Frage nach konkreten Beispielen oder Erfahrungen, um eine lebendige und interessante Unterhaltung zu führen.
  • Zuhören: Achte darauf, dem Interviewpartner aufmerksam zuzuhören und seine Antworten zu verstehen. Notiere dir wichtige Punkte oder Zitate, die du später in deinem Artikel verwenden möchtest.
  • Nachfragen: Wenn du etwas nicht verstehst oder weitere Informationen benötigst, frag einfach nach. Kläre Unklarheiten, um sicherzustellen, dass du die Aussagen des Interviewpartners korrekt wiedergeben kannst.
  • Strukturieren: Ordne die Fragen und Antworten in eine logische Reihenfolge, um den Lesefluss zu erleichtern. Überlege dir, ob du das Interview chronologisch oder thematisch strukturieren möchtest.
  • Zitate verwenden: Verwende Zitate des Interviewpartners, um seine Aussagen authentisch wiederzugeben. Achte darauf, die Zitate korrekt zu kennzeichnen und sie in den Fließtext einzubetten.
  • Einleitung und Schluss: Schreibe eine einleitende Passage, in der du das Interview kurz zusammenfasst und die wichtigsten Punkte hervorhebst. Beende den Artikel mit einem abschließenden Fazit oder einer Schlussbemerkung.
  • Überarbeitung: Lies den Artikel mehrmals durch und überprüfe Rechtschreibung, Grammatik und Satzbau. Achte auch darauf, dass der Artikel gut strukturiert und verständlich ist.
  • Veröffentlichung: Veröffentliche den Artikel in einem geeigneten Medium, sei es eine Zeitung, ein Blog oder eine Website. Achte darauf, dass du die Rechte des Interviewpartners respektierst und gegebenenfalls eine Freigabe für die Veröffentlichung einholst.

Noch ein Extra-Tipp: Prüfe vorab die Technik, die du benötigst, wie etwa Mikrofone, Aufnahmegeräte, Mobilgeräte, Laptops etc. Oder nimm einfach genug Kugelschreiber und Schreibpapier mit.

Das sagen Kommunikationsprofis über das Interview

Marietta Slomka, Moderatorin des „heute journals“ im ZDF:

„Ein Zettel mit Fakten und natürlich so ein paar Stichworte mit Fragezeichen. Und die Einstiegsfrage, die formuliere ich in der Regel aus, die muss sitzen. Dann folgt eine Antwort auf die Einstiegsfrage, und dann spiele ich frei. Und ich glaube, dass das auch die bessere Variante ist. Also ich halte überhaupt nichts davon, sich an vorher ausformulierten Fragen entlangzuhangeln. Das macht dann unfrei, man hört dann auch nicht richtig zu. Man kann dann auch nicht mehr spontan formulieren, das sollte man nicht tun als Interviewer.“

Sandra Schulz, Redakteurin und Moderatorin beim Deutschlandfunk:

„Ich glaub, das Interview ist eine spannende, eine wahnsinnig direkte, eine wahnsinnig aufklärerische Form der Berichterstattung und des Journalismus.“

Hans-Joachim Netzer, ehemaliger Journalist und Publizist:

„Das Interview ist die schwierigste journalistische Arbeitsform überhaupt. Es verlangt große Kontaktbegabung, Selbstsicherheit und Takt, Energie und Zielbewusstsein in der Gesprächsführung, Anpassung an den jeweiligen Partner, an die Atmosphäre und die Situation.“

Also du merkst das Interview ist viel mehr als Fragen oder Notizen, die Journalist:innen oder Blogger:innen los werden möchten. Es ist wichtig zu wissen, was, wie und wann du genau das fragst, was aus deinem Interview ein echtes Highlight produziert.

So wie etwa Friedrich Nowottnys legendäres Interview 1972 mit dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt. Oder Jeremy Paxmans Interview 1997 mit Michael Howard, dem ehemaligen britischen Innenminister. Oder eben so nicht.

„Did you threaten to overrule him?“ Auf Deutsch: „Haben Sie gedroht, ihn zu überstimmen?“ Zwölfmal stellt Paxmann Howard die Frage. Ein Rekord im wiederholten Fragen.

Worum es in den beiden Interviews konkret ging und noch mehr spannende Dinge rund um das Thema Interview, besonders mit Politiker:innen, erfährst du hier.

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